Der Klimawandel zählt zu den zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Dem umweltfreundlichen, nachwachsenden, CO2-speichernden und ressourcenschonenden Rohstoff Holz kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Der Bedarf an Holz, für die stoffliche als auch die energetische Nutzung, ist groß und wächst stetig. Für die kommenden Jahrzehnte werden jedoch große Versorgunglücken prognostiziert. Eine nennenswerte Ausweitung der Waldfläche in Deutschland ist nicht zu erwarten, wohl aber weitere Nutzungsverzichte auf vorhandenen Flächen aus Naturschutzgründen.
Angesichts dieser Ausgangslage bedarf es einer Vorsorgestrategie, um den künftigen Herausforderungen zu begegnen. Einen wichtigen Ansatzpunkt bildet dabei die Forstpflanzenzüchtung mit der Bereitstellung von hochwertigem, leistungsstarkem und widerstandsfähigem Saat- und Pflanzgut. Das züchterisch bearbeitete Vermehrungsgut kann ohne weitere Maßnahmen in bestehenden Waldbaukonzepten verwendet werden, es bedarf keiner Düngung keines besonderen Pflanzenschutzes und keiner speziellen Behandlungsweise, Mischungsformen und vertikale Strukturen sind gleichermaßen realisierbar. Das bedeutet, für die künstliche Verjüngung soll produktiveres Material zur Verfügung stehen und auch verstärkt verwendet werden. Gleichzeitig bedeutet dies aber nicht, dass ab jetzt nur Plantagenwirtschaft betrieben werden soll oder gar eine Abkehr von der nachhaltigen Waldwirtschaft. Erhaltung und Förderung der genetischen Vielfalt stehen ebenso im Fokus der Forstpflanzenzüchtung, wie die Erhöhung der Wuchsleistung und Holzqualität.
Der im November 2011 vom Thünen-Institut und der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e.V. organisierte BMELV-Workshop „Forstpflanzenzüchtung“ in Berlin gab einen guten Überblick zum aktuellen Stand der Arbeiten, zu den enormen Potentialen, aber auch zu dem deutlichen Nachholbedarf Deutschlands in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Ländern. Wichtiges Ziel der Züchtung ist die Bereitstellung von Vermehrungsgut, das anpassungsfähig und leistungsstark genug ist, um den erwarteten Änderungen bei der Erfüllung aller Waldfunktionen insbesondere auch im Hinblick auf die Erhöhung der Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel und die Erhöhung der CO2-Speicherfunktion durch Mehrleistung gerecht zu werden. Der Workshop machte klar, dass Forstpflanzenzüchtung in Deutschland diese großen Anforderungen der Zukunft nur erreichen und sichtbare Erfolge liefern kann, wenn alle verbliebenen Bundes- und Landeseinrichtungen, die Züchtung betreiben, unter Teilung der Aufgaben noch enger zusammenarbeiten und die Finanzierung nicht nur kurzfristig, sondern auch mittelfristig gesichert ist.
Aufbauend auf dem BMELV-Workshop wurde der Thünen Report 7 – „Strategie zur mittel- und langfristigen Versorgung mit hochwertigem forstlichem Vermehrungsgut durch Züchtung in Deutschland“ verfasst. Hier wird dargestellt, dass in Anlehnung an vergleichbare Strategien im Ausland und angesichts der verfügbaren Kapazitäten, sich die Forstpflanzenzüchtung in Deutschland zukünftig auf die Fokusbaumarten Bergahorn, Eichen, Fichte, Kiefer, Lärchen und Douglasie konzentrieren wird. Forstliche Züchtungsprogramme liefern wegen der langen Generationszeiten der Bäume erst nach Jahrzehnten Erfolge. Weil jedoch auf bereits vorhandenen Ergebnissen aufgebaut werden kann, ist bereits nach relativ kurzer Zeit mit deutlichen Erfolgen bezüglich gesteigerter Masse- und Wertleistung durch Züchtung zu rechnen. Die ausgewählten Baumarten lassen unter Beachtung der zukünftigen Ausrichtung des Waldbaus und angesichts des Klimawandels einen deutlichen Züchtungsfortschritt erwarten.
Aufbauend auf langjährigen Züchtungsvorarbeiten der Projektteilnehmer werden in FitForClim folgende Ziele verfolgt:
1) Intensivierung der Forstpflanzenzüchtung auf Grundlage der gemeinschaftlichen, länderübergreifenden Auswertung vorhandener, langjähriger Versuchsserien.
2) Überarbeitung der Herkunftsempfehlungen und Definition von Zucht- und Verwendungszonen für Forstvermehrungsgut, die nicht mehr rein geografisch sondern nach Klima- und Standortvariablen definiert werden. Bereits bei der Auslese klimatauglicher/n Zuchtbäume/Ausgangsmaterials sollen die Standortsverhältnisse berücksichtigt werden.
3) Stärkere Berücksichtigung adaptiver Merkmale zur Einschätzung der phänotypischen Anpassungsfähigkeit des selektierten Ausgangsmaterials an sich ändernde Klimabedingungen;
4) konsequente genetische Begleituntersuchungen bei allen Baumarten zur Ermittlung der genetischen Anpassungsfähigkeit des selektierten Ausgangsmaterials an sich ändernde Klimabedingungen;
5) langfristige länderübergreifende Zusammenarbeit, Arbeits- und Aufgabenteilung sowie Standardisierung von Methoden.
Die Intensität der Züchtung wird je nach Art unterschiedlich ausfallen. Die Spanne reicht hier von der Prüfung von Bestandesabsaaten (z. B. Eichen) über die Anlage von neuen Hochleistungssamenplantagen (z. B. Berg-Ahorn) bis hin zu gelenkten Kreuzungen (z. B. Lärchen).
In dem Projekt werden deutschlandweit Plusbäume unter Berücksichtigung der lokal vorherrschenden Standortverhältnisse aus bestehenden Versuchen (Herkunftsversuche, Nachkommenschafts- und Klonprüfungen) und Beständen ausgewählt. Für die Plusbaumauswahl aus den Versuchen bildet die Auswertung von Versuchsserien eine wichtige Grundlage. Um im Projekt als Plusbaum ausgewählt zu werden müssen die Bäume eine hohe Güte bezüglich Zuwachs (z. B. Durchmesser, Höhe), Stammqualität (z. B. Geradschaftigkeit, Wipfelschäftigkeit, kein Drehwuchs, keine Zwiesel) und Vitalität aufweisen.
In Klonarchiven wird das genetische Potential ausgewählter Plusbäume gesichert (nach deren vegetativer Vermehrung durch Pfropfung) und in einem weiteren Schritt für die Etablierung von Samenplantagen genutzt.
Die beschriebenen Zielsetzungen des Projektes tragen zu einem oder mehreren förderpolitischen Zielen des Waldklimafonds (WKF) bei. Das Projekt leistet mit dem primären Züchtungsziel „Wuchsleistung“ vor allem einen Beitrag zum Förderschwerpunkt 4, da insbesondere das CO2-Minderungspotential durch Erhöhung der Wuchsleistung gesteigert wird. Das Zuchtziel „Holzqualität“ lässt langfristig eine verbesserte Kaskadennutzung erwarten, indem ein höherer Holzanteil als bislang zunächst der stofflichen und erst danach der thermischen Verwertung zugeführt wird (Erhöhung des Holzproduktspeichers, Optimierung des Stoffkreislaufes; Schwerpunkt 3 des WKF). Durch die Auswahl des Zuchtmaterials auf breiter genetischer Basis ist zudem eine Erhöhung der Anpassungsfähigkeit von Waldbeständen zu erwarten (Schwerpunkt 1), was somit zu einer Risikostreuung von biotischen und abiotischen Störungen beiträgt. Durch genetische Untersuchungen werden Informationen zur genetischen Struktur und damit zur Anpassungsfähigkeit und durch Resistenzuntersuchungen Informationen zur Widerstandsfähigkeit bereitgestellt. Über das Internetportal werden die erzielten Informationen an Waldbesitzer, forstliche Unternehmer, Entscheidungsträger und Multiplikatoren weitergeben. Die bereits vorhandene Integration und Vernetzung der Projektpartner innerhalb der forstlichen Strukturen gewährleistet einen hohen Wirkungsgrad dieser Kommunikations- und Informationsmaßnahmen (Schwerpunkt 5).